Santiago: Das zweite Gesicht Chiles
Wir haben es geschafft und Santiago de Chile ohne Panne erreicht. Bei den teilweise abenteuerlichen Straßen mit richtig tiefen Schlaglöchern ist das fast ein Wunder. Unser Auto hat zwar im Laufe der Zeit immer mehr mechanische Geräusche von sich gegeben, aber bis zum Ende durchgehalten 🙂 Diese Straßen im Süden würden wir immer nur mit einem ordentlichen Offroad-Auto machen wollen, wie die Chilenen das teilweise in Kleinwagen meistern, ist uns wirklich unklar.
Jetzt sind wir in Santiago de Chile angekommen und es stellt sich die Frage: Was ist Chile bzw. wer sind die Chilenen? Bislang haben wir ein eher schlecht entwickeltes Land erlebt, insbesondere im Süden gibt es noch viel Nachholbedarf. Die Menschen leben in ärmlichen Behausungen, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist mäßig gut und vor Tankstellen bilden sich regelmäßig lange Schlangen mit 20 Autos und mehr. Als Anekdote: In den Supermärkten des Südens wird Schokolade oft in Sicherheitscontainern verkauft, die an der Kasse entfernt werden – und selbst Butterstücke werden mit einem RFID-Chip versehen, um Diebstahl zu verhindern.
Seitdem wir (im letzten Blog) mit der Fähre gefahren sind und damit die schlecht erreichbaren Gebiete verlassen haben, ändert sich das Bild. Es gibt mehr und mehr Städte, deren Straßen und Wege komplett befestigt sind, nicht nur die Hauptstraßen. Sogar zwischen den Städten gibt es fast nur noch asphaltierte Straßen. Es gibt moderne Gebäude und auch die Wohnhäuser machen meist einen deutlich fitteren Eindruck. Und dann erreichen wir Santiago: Eine moderne Großstadt mit glitzernden Fassaden, jeder Menge Infrastruktur bis hin zu einer U-Bahn. Unsere schwachen Spanischkenntnisse werden erkannt und die Menschen wechseln wie selbstverständlich ins Englisch. Das ist alles so anders, ein anderes Chile.
Auf der Landkarte ist Chile über 4.000 km lang und dabei im Durchschnitt nur 200km breit, das macht 756.000 km2 – und damit doppelt so viel Fläche wie Deutschland. Darauf verteilen sich allerdings nur 20 Millionen Einwohner, also ein Viertel der Einwohner Deutschlands. Das klingt schon recht dünn besiedelt, aber nun kommt es: 7 Millionen davon wohnen in Santiago de Chile auf einer Fläche von nur 640 km2. Sogar in Berlin wohnen weniger Menschen auf mehr Fläche – ein krasser Kontrast. Es ist also nachvollziehbar, dass zum einen dort viel investiert wird und zum anderen der Rest des Landes so schwer zu unterhalten ist. In Neuseeland wohnt zwar ein ähnlich großer Anteil der Menschen in der größten Stadt Auckland, aber das Land ist kleiner, bei weitem besser entwickelt und im Allgemeinen „besser in Schuss“. Der Unterschied ist in Chile so groß, dass der Süden nach unserer Meinung deutlich mehr einem Entwicklungsland entspricht, Santiago aber einer modernen, westlichen Großstadt. Das ist das zweite Gesicht Chiles.
Wir haben eine Wohnung im Stadtteil Providencia bezogen, hier ist es nicht nur sicher, sondern auch zentral gelegen und das meiste erreichen wir zu Fuß! Wir machen eine Tour durch das historische Stadtzentrum, von der Plaza de Armas bis hinauf auf einen 70m hohen Hügel. Dieser heißt Cerro Santa Lucia und ist der Ort der Stadtgründung. In Santiago ist es während unserer Tage durchgehend warm mit rund 30 Grad und purer Sonne, da ist der Aufstieg schon anstrengend. Aber es lohnt sich, über mehrere Ebenen gelangt man auf teilweise steilen Treppen bis auf den höchsten Ausguck und hat einen tollen Blick auf das moderne Santiago in der Ferne und den dahinter aufragenden Anden. Die Berge der Anden sind so hoch, dass man sogar Gletscher sehen kann. Zunächst hielten wir den weißen Fleck oberhalb der Skyline jedoch für eine Wolke, denn der Smog in der Stadt verhindert meist einen klaren Blick. Schaut euch die Bilder also genau an.










Wir fahren auch auf den nächsten wichtigen Innenstadtberg, den Cerro San Cristóbal. Hier oben steht eine Statue der Jungfrau Maria – umgeben von Mobilfunkantennen – und viele kommen zur Andacht her. Man kann entweder laufen oder die 300m Höhe mit einer Standseilbahn überwinden. Auch wenn diese schon 100 Jahre alt ist, haben wir uns für diesen Weg entschieden. Von dort fahren wir dann auch noch mit einer modernen Gondelbahn entlang des Berges, bis sie uns am Fuß in der Nähe des modernen Santiagos ausspuckt. Hier wartet ein nächstes Highlight, im wahrsten Sinne des Wortes: Der Gran Torre. Es handelt sich mit 300 Metern Höhe um das höchste Gebäude in ganz Südamerika und man kann zu einer Aussichtsplattform im 62. Stock fahren. Wir genießen den 360 Grad Blick am Nachmittag und bleiben bis zum Sonnenuntergang, um auch die Lichter der Stadt von oben sehen zu können.













Und dann heißt es Abschied nehmen. Wir haben über 6 Wochen in Chile und Argentinien verbracht und sind wirklich beeindruckt von der Natur. Für uns war es das erwartete Abenteuer und wir haben es gut hinbekommen, ohne Pannen und ohne zu verhungern 😉 Und nun geht es auf einen Abschnitt von etwas entspannterer Art, wir haben uns Urlaub verdient 🙂
English: Reaching Santiago de Chile means reaching an entirely different world. While the southern parts of Chile are significantly underdeveloped, this modern and shiny capital city is the opposite. It looks and feels like a regular western main city with all amenities you could think of. We get to walk the old town, including the inner-city hill of Santa Lucia with great view towards the modern Santiago and the huge Andes in the background. Watch the photos closely and you will find a glacier sitting way above the skyline. We also make our way up the San Cristóbal hill and further to the heart of modern Santiago: Visiting the 62th floor of the tallest building in all of South America! This is the grand finale of more than 6 weeks in Chile and Argentina which has impressed us with great nature. We are now ready for some vacations…